Näherungsformel Fischbesatz: (überarbeitet 2021)

 

Einer der Hauptgründe für nicht funktionierende Aquarien, die dem Besitzer mehr Ärger als Freude bereiten und in denen Fische leiden und frühzeitig sterben ist ein zu hoher Fischbesatz.

Zuerst einmal: Es gibt keine allgemeingültige Faustregel, wie viele Fisch welcher Größe in einem Aquarium verhaltensgerecht leben können. Aber gerade für Anfänger ist es sehr schwer, festzustellen wo Überbesatz anfängt. Auf die Beratung von Händlern kann sich der Anfänger auch nicht verlassen, es gibt genug, die um des Umsatzes willen mit "passt noch rein" auf entsprechende Fragen antworten.  In den letzten Jahren habe ich in fb-Gruppen immer wieder gelesen: "Ich doch nicht zu viele Fische" obwohl das Aquarium schon viel zu stark besetzt war. Die alte Faustformel 1cm Fisch auf 1l Wasser gilt nur für kleine Fische bis etwa 4,5cm (Maximallänge ausgewachsen), für größere Arten ist sie absolut ungeeignet. 

Ich habe deshalb eine Näherungsformel ausgetüftelt, die besonders Anfängern helfen soll, ihre Becken nicht zu stark zu besetzen, die „Quadrat-Formel“. 

V = KA x L2 :10

KA: Korpulenz-Agilitätsfaktor

L: Länge des einzelnen Fisches in cm (ausgewachsen!)

V: Benötigtes Aquarienvolumen in Liter pro Fisch

Den Korpulenz-Agilitätsfaktor KA habe ich als eine Konstante gewählt, die sowohl Form als auch das Verhalten (Fressverhalten, Bewegung, Aggressivität) des Fisches berücksichtigen soll. Er ist keine physikalische Größe, sondern ein durch Erfahrung abgeschätzter und gerundeter Vergleichswert (2019 etwas nach oben korrigiert). 

- Dornaugen und Aalähnliche KA=1,5

- Saugwelse: KA=2

- Schmerlen, Bärblinge, Lebendgebärende, Panzerwelse, Salmler: KA=2,5

- Barben, Labyrinther, schlanke Cichliden : KA=3

- Bullige, hohe (Skalare, Diskus) oder aggressive Cichliden: KA =3,5

 

Als Volumen verwende ich das Brutto-Volumen eines normal eingerichteten Aquariums, das nicht durch übermäßig viel Einrichtung eingeschränkt ist. Dieses Volumen ist leichter zu berechnen als das tatsächliche Wasservolumen und wird auch von den Herstellern von Aquarien immer angegeben. Die Differenz zwischen Bruttovolumen und tatsächlichen Wasservolumen habe ich versucht, im KA-Faktor zu berücksichtigen. 

Brutto-Volumen Aquarium:  V= LA(cm):10 x BA(cm):10 x HA(cm):10

LA, BA und HA sind die Außenmaße des Beckens.

 

Wenn wir die Quadrat-Formel jetzt auf einige Fische anwenden ergibt sich als minimaler Platzbedarf..

-  Pro Kardinalfisch (4,5 cm): 2,5 x 4,5²: 10 = 5 Liter

-  Pro A. nigrofasciata (Grünflossenbuntbarsch, 15cm): 3,5 x 15²: 10 = ca. 80 (78,9) Liter

Für Fische, bei denen Männchen und Weibchen in der Größe stark voneinander abweichen, ist es sinnvoll, den Volumenbedarf für beide Geschlechter getrennt zu berechnen. 

-  Für männliche Guppies (3,5cm) ergibt sich 2,5 x 3,5² : 10 = 3 Liter

-  Für die Guppy-Weibchen (5,5cm)  2,5 x 5,5²: 10 = 7,5 Liter

 

Allerdings rechne ich auch bei kleinen Fischen unter 4cm mit dem Mindestvolumen von 4l pro Fisch. Für ein auf Dauer eingerichtetes Becken das Längenverhältnis von Fisch zu Becken zu berücksichtigen, damit der Fisch sich auch artgerecht bewegen kann. Hier gehe ich von folgenden Werten aus:

Individualisten (Cichliden, Lebendgebärende, Labyrinther): Beckenlänge BL = 10x L 

Schwarmfische (Salmler, Bärblinge, Kardinalfisch): BL = min. 15x L 

Sehr aktive Schwarmfische (Zebrabärbling) BL = min. 20 x L 

Die Beckentiefe (Breite) sollte dabei mindesten 1/3 der Mindestbeckenlänge betragen. 

Die Beckenhöhe spielt nur bei manchen Arten (Skalare, Diskus) eine wichtige Rolle, oder wenn mehrere Regionen besetzt werden. 

Für den Buntbarsch mit 15cm Länge heißt das, dass das Becken 10 x 15cm = 150cm lang sein sollte und 50cm tief. Als Beckenhöhe würden 45cm genügen. Das wäre ein 330l-Aquarium.

Am Beispiel der Cichliden zeigen sich sich die Grenzen der Formel. Nach der Formel könnte man im genanten Becken vier A. nigrofasciatus (2 Pärchen) halten (4x80=320), falls man keine weiteren Fische dazu setzt. Das wird in den meisten Fällen gut gehen, falls die Beckenstruktur passt. Da Cichliden aber individuelle Charaktere sind, kann es auch passieren, dass ein Männchen sein Weibchen verstößt. Dann würde dieses in diesem Becken wenig Ausweichraum finden und unter Dauerstress leiden. 

Diese Formel beruht auf eigenen Beobachtungen, auf der Gewichtsformel (Korpulenzfaktor) nach Fulton und der Oberflächenformel von Max Rubner. 

Fulton (umgestellt): G (Gewicht) proportional zu L ³

Rubner: Stoffwechsel proportional zu Gewicht^2/3

Eingefügt: Stoffwechsel proportional zu (L³)^2/3 = L². 

Bei Säugetieren stimmt Rubner nicht ganz, wie es bei wechselwarmen Tieren (Fischen) ist, kann ich nicht sagen, aber die Formeln erklären, wie man zu dieser Näherung kommt.

In vielen anderen Fällen hat die Formel als grobe Abschätzung durchaus eine gewisse Berechtigung. Es ist dabei aber immer besser, nicht an die oberste Besatzgrenze zu gehen, sondern nur auf 70 bis 80% des Maximums.