Haltung von Kampffischen

Dokumentation eines Fehlers

Ich möchte hier einmal meine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen mit Betta „splendens“ einbringen und die Schlüsse, die ich daraus ziehe.

Zur Begriffsbestimmung: Ich werde im folgenden für die Kampffische aus dem Zoohandel den Namen Zuchtbetta benutzen, da es sich nicht immer um reine Betta splendens sondern oft auch um Hybriden mit anderen Bettaarten (B. Imbellis, B. smaragdina u.a.) handelt. Ich unterscheide in Kurzflosser, Langflosser und extrem beflosste Tiere. Betta splendens werde werde ich im folgenden nur noch für die Wildform verwenden.

2014 hatte ich Zweifel, ob eine Einzelhaltung für Zuchtbettas wirklich notwendig sei. Ich hatte beobachtet, dass bei vielen Zoohändlern in den Becken mit Kampffisch-Weibchen oft sehr viele unausgefärbte Männchen schwimmen. Ich hatte früher schon einmal so ein „falsches Weibchen“ gepflegt und es hatte sich sich zu einem schönen Kurzflosser entwickelt.

 

Meine Gedanken waren nun: Diese Kurzflosser sind der Wildform in Körperbau und Beflossung sehr ähnlich, stehen dieser also wahrscheinlich näher und sollten auch im Verhalten mehr ein natürliches Repertoire zeigen. Da die Tiere offensichtlich gemeinsam aufwachsen, sollten sie Artgenossen gewohnt sein und weniger aggressiv reagieren. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt ein dicht bepflanztes Aquarium mit 150x50x45 frei in dem nur 5 kleine Crossocheilus atrilimes schwammen. 

In einer Zoohandlung fand ich ein Weibchen-Becken in dem die Tiere sich gerade umfärbten und ich auch einige Aggressionen beobachten konnte Ich erwarb dort 5 Tiere, 2 Männchen und 3 Weibchen, wobei eines der Männchen recht abgemagert war und kurz nach dem Umsetzen verstarb. Die anderen Tiere verteilten sich im Becken und schienen wohlauf. Crossocheilus und Bettas ignorierten sich vollkommen. Nach wenigen Tagen bekam das Männchen immer mehr Farbe und begann bald, ein Schaumnest links an der hinteren Scheibe zu bauen. Kurz darauf laichte es mit einem der Weibchen ab. In der Folge verteidigte das M einen Halbkreis von etwa 25cm um das Nest, das W die gesamte linke Hälfte des Aquariums um das Revier M herum. Nach einige weiteren Tagen schlüpften die ersten Jungfische. Da ich bei dieser Beckengröße nicht gezielt füttern konnte, und alle Weibchen Jungfische erbeuteten kamen aus den ersten Bruten nur drei der Jungfische hoch. Aus späteren Bruten kamen keine Jungen mehr duch, da vor allem die drei Halbwüchsigen recht effektiv Jagd auf sie machten, sobald sie das Revier des M verließen. 

Ein Jahr lang ging nun alles gut, einer der Jungfische entwickelte sich zu einem recht schönen Männchen, das die rechte Hälfte des Beckens bewohnte, und es blieb alles recht friedlich. Dann änderte sich das Verhalten der Tiere plötzlich. Zuerst wurden die Weibchen extrem aggressiv untereinander. Für eines der Tiere kam die Hilfe zu spät. Nach dessen Tod war einige Tage Ruhe, dann begann das jüngere Männchen, das größere immer wieder zu attackieren. Ich war gezwungen, alle Fische zu trennen und in Kleinaquarien zu verteilen.

Ich weiß, dass das nur eine Einzelbeobachtung ist und dass (einige wenige?) andere Aquarianer andere Erfahrungen gemacht haben. Eventuell liegt es an den Vorfahren meiner Bettas, möglicherweise wurden hier „Fighter“ (für Fischkämpfe gezüchtete Bettas) eingekreuzt. Es gibt auch Berichte, dass die Aggressionen weniger schlimm sind, wenn eine größere Anzahl Tiere auf relativ engem Raum zusammen gehalten werden. (Früher war so etwas ja die bevorzugte Haltung bei Malawi-Buntbarschen).

Meine Meinung zur Haltung von Zuchtbettas:

Es mag sein, dass eine Haremshaltung eine Zeit lang (eventuell auch auf Dauer) gut gehen kann, aber es ist unklar, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist. Das Risiko tragen immer die Fische.

Falls man unbedingt einen Zuchtbetta halten will, empfehle ich deshalb die strikte Einzelhaltung. Da ich auch das nicht für das Ideal einer tiergerechten Aquaristik halte, sollte man sich vielleicht wirklich überlegen, stattdessen natürliche Fischarten zu wählen, zu denen ich auch die echten (!) Bettawildformen, einschließlich der Betta splendens rechne. Oder, falls nur ein 30l-Cube vorhanden ist, sich auf Garnelen zu beschränken.

Auf die einzelnen Zuchtformen, von denen ich einige mit überlangen Flossen schon für Qualzuchten halte, gehe ich hier nicht weiter ein.

 

 

16.03.2020.