Das Tümpelaquarium mit Fischen.

Vorwort

Ein filterloses Aquarium mit Fischen funktioniert nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit gewissen Einschränkungen: - Es braucht eine gewisse Mindestgröße – Es sind nur Fische geeignet, die in Relation zum Becken relativ klein bleiben. - Es darf nicht mit zu viele Fischen besetzt werden. - Viel billiger als eine Kombi mit Filter wird so ein Becken auch nicht. Warum also sollte sich jemand also so ein Becken zulegen? Weil es genau so viel Freude wie ein gut besetztes gefiltertes Becken und viel mehr als eine „Bunte Fischsuppe“ machen kann. Die Fische zeigen bei dem großen Platzangebot, das man ihnen bietet, oft viel mehr ihres natürlichen Verhaltens und durch das Verhältnis von wenigen Fischen zu vielen Pflanzen ist die Keimdichte in solchen Becken oft niedrig. Das wären logisch nachvollziehbare Gründe, man kann es aber auch ausdrücken wie Konrad Lorenz (1): „Ich habe hunderte Aquarien gepflegt, aber das gewöhnlichste, billigste und sozusagen banalste Tümpelaquarium hat meine Liebe immer in besonderem Maße besessen, da seine Wände die natürlichste und vollkommenste Lebensgemeinschaft umschließen.“ Viele Aquarianer sind heute sehr technikgläubig: Sie denken, ein besonders leistungsfähiger Filter und andere technischen Einrichtungen lösen fast alle Probleme. Daneben gibt es aber auch extreme, fast fanatische Vertreter von filterlosen Aquarien, die jegliche Filterung kategorisch ablehnen. Ich gehöre zu keiner dieser Fraktionen, sondern betreibe seit längerer Zeit (seit 45 Jahren) Becken mit unterschiedlichsten Filterarten und seit etwa 22 Jahren auch filterlose Aquarien Man kann ganz grob zwischen verschiedenen Aquarientypen unterscheiden:  Becken mit starken Filtern die auch biologisch arbeiten  Becken mit schwachen Filtern, die hauptsächlich mechanisch arbeiten (Diana Walstads Low Tech Aquarien) (2)  Ungefilterte Becken, jedoch mit einer Pumpe zur Wasserumwälzung.  Aquarien die komplett ohne mechanische Wasserbewegung auskommen. Ich beschreibe hier meine Erfahrungen mit Aquarien, die weder einen Filter noch eine Pumpe besitzen. Ich nenne sie hier Tümpelaquarien. Ich berichte, DASS meine Methode funktioniert und erzähle WIE es bei mir funktioniert hat. Ich bin weder Chemiker noch Biologe oder Mikrobiologe; Die Möglichkeiten für exakte wissenschaftliche Untersuchungen fehlen mir, meine Hypothesen zum WARUM es funktioniert dürfen und sollen vom Leser hinterfragt werden. 

 

Ist ein Fischtümpel für Anfänger geeignet?

Diese Frage kam auf, als ich etwas zu filterlosen Becken in zwei fb-Gruppen eingestellt hatte. Ein Kommentator war der Meinung, dass zum Führen eines filterlosen Aquariums viel Erfahrung notwendig sei. Ich denke, das kann man nicht verallgemeinern: Das, was sich manche Neueinsteiger unter einem Aquarium vorstellen und wozu sie von manchen Zoohändlern motiviert werden, also ein relativ hoch besetztes Becken mit vielen Arten, geht nicht ohne Filter. Wenn sich ein Neueinsteiger aber an bestimmte Vorgaben hält, wie ich sie hier zu erläutern versuche (speziell den schwachen Besatz) ist ein Fischtümpel nicht schwieriger als ein Standardaquarium. Es gibt aber auch „erfahrene“ Aquarianer die bei jedem Futterkauf mit einer „Hüpftüte“ voller Fische nach Hause kommen. Auch denen rate ich vom Betrieb eines filterlosen Aquariums ab. Wer aber beobachten möchte, wie ein Aquarium auch ohne großartige Technik funktionieren kann und wer sich beim Fischkauf zurückhalten kann, der sollte es ruhig einmal probieren. Einen Filter nachrüsten geht immer noch, falls es einem nicht gefällt. Der Absatz bei Konrad Lorenz (s.o.) endet mit „... und man lernt sogar etwas dabei“.

Historie

Ab 2000 habe ich zusammen mit Harald Fischer im Arbeitskreis Lebendfutter Schwaben (AKLF) filterlose Tümpelbecken entwickelt. Als Grundlage diente neben der damals schon längeren Erfahrung (seit 1993) mit Futtertierzuchten das „Wilhelminenberger Tümpelaquarium“ (3). Wir nannten solche Becken „Mikrotop“. Die Becken wurden mit wenig Aufwand betrieben, gefüttert wurde nur mit Trockenhefe für die Wasserflöhe. Versuche, eine Nahrungskette bis hin zu Fischen so aufzubauen misslangen größtenteils; Die Fische waren so verfressen, dass die Wasserflöhe meist nach kurzer Zeit (spätestens nach einigen Wochen) komplett verschwunden waren. Ohne Fische, nur mit Daphnien, Schnecken, Wasserasseln und später mit Garnelen funktionierten diese Becken jedoch ausgezeichnet. Damals betrachteten wir Daphnien (Wasserflöhe) als Schlüsselorganismus für das Funktionieren des Mikrotops. Inzwischen weiß ich, dass ein filterloses Becken auch ohne Daphnien funktionieren kann. 

Filterung von Aquarienwasser.

Um zum filterlosen Becken zu gelangen, sollte man sich zuerst einmal klar machen, welche Funktion der Filter in einem Aquarium hat. Die wichtigste Aufgabe ist die Nitrifikation, der aerobe Abbau von Stoffwechselprodukten bis zum NO3. Diese wird von zwei Gruppen von Bakterien durchgeführt, die beide hierfür zwei Voraussetzungen brauchen; Sauerstoff und Besiedlungsfläche. Nitrosomonas u.a. bauen NH3/NH4 (Ammoniak/Ammonium) zunächst zum (giftigen) Nitrit (NO2) um, Nitrobacter dann das NO2 zum (erst in hoher Dosis schädlichen) Nitrat (NO3). Durch die vom Filter erzeugte Wasserbewegung werden nicht nur die Bakterien versorgt, sondern auch der Sauerstoffeintrag an der Oberfläche erhöht. Das Filtermaterial bietet den Bakterien eine relativ große besiedelbare Oberfläche. Es wird jedoch nicht nur das Filtermaterial von den nitrifizierenden Bakterien besiedelt, sondern auch alle anderen Flächen, die für Frischwasser, also Sauerstoff zugänglich sind, also z.B. der Bodengrund bis zu einer gewissen Tiefe, Einrichtungsgegenstände, Scheiben und Pflanzen. Auch anaerobe Prozesse laufen teilweise im Filter ab, zumindest in bestimmten Filtermaterialien. Hierzu gehört die Reduktion von Fe3 zum von Pflanzen verwertbaren Fe2 und die Denitrifikation von NO3 zurück zu gasförmigem Stickstoff. Ohne auf die genauen Abläufe einzugehen, vermute ich, dass die anaerobe (untere) Schicht des Bodengrundes (Sand) diese Aufgaben zu einem mindestens genau so großen Teil erledigt, wie ein spezielles Filtermaterial. Bei einem Aquarienfilter sorgt die Pumpe für einen stetigen Austausch des Wassers am Filtermaterial, aber was treibt den Austausch von Stoffen im Bodengrund eines filterlosen Beckens an? Meist wird hier die Diffusion genannt, das Bestreben in einer Flüssigkeit, Konzentrationsunterschiede auszugleichen. Diese spielt ganz sicher eine wichtige Rolle, aber ich vermute, dass hier noch weitere Mechanismen mitspielen: Ein Aquarium erwärmt sich nie ganz gleichmäßig; Verdunstung, Wärmeübertragung an den Scheiben, Abwärme der Leuchte u.a. sorgen für eine ungleichmäßige Wärmeverteilung. Da warmes Wasser leichter ist als kaltes, dürfte auch hierdurch eine Wasserbewegung (Konvektion) stattfinden. Einige Teilchen wie Futterreste und die Ausscheidungen zerfallen in feine Teilchen, die in den Boden einsickern können. Und als letztes dürften grabende Schnecken Teilchen in den Boden transportieren. Unabhängig von diesen Vermutungen habe ich festgestellt, dass bei meinen filterlosen Aquarien der Gehalt an NO3 zwischen zwei Wasserwechseln abnimmt. Ob hierfür hauptsächlich die Aufnahme durch die Pflanzen verantwortlich ist, oder ob und wie stark Denitrifikation eine Rolle spielt, kann ich allerdings nicht sicher belegen, vermute aber inzwischen, nach Lektüre von. D. Walstad (2), dass nicht nur die Pflanzen für den NO3-Abau verantwortlich sind.

 

Vergleich Bodengrund und Aquarienfilter.

Um abzuschätzen, wie groß das aerob besiedelbare Volumen eines Aquariums ist, muss ich von bestimmten Annahmen ausgehen. Wenn man ein Aquarium mit Sandboden, das schon einige Zeit läuft betrachtet, fällt auf, dass sich die Farbe des Bodengrunds an der Frontscheibe in einer bestimmten Tiefe ändert. Bei meinen Becken mit Spielsand ist das bei etwa 1cm, egal ob das Becken gefiltert oder ungefiltert betrieben wird. Meine Annahme ist nun, dass dies die Tiefe ist, bis zu der sauerstoffreiches Wasser in den Boden vordringt. Nehmen wir nun ein typisches 180l-Becken (100x40x45). Ich rechne gerne in dm; 1dm=10cm, 1dm³=1l. Die Bodenfläche beträgt 40dm², das Volumen bis 1cm Tiefe also 4dm³=4l. Eine 180er Kombi wird meist mit einem Innenfilter ausgeliefert. Der Biopower 200 im Eheim vivaline 180 hat ein Filtervolumen von 0,53l. Juwel gibt den Bioflow M (im Rio 180) mit 3,5l Filtervolumen an. Das ist jedoch das Volumen der gesamten Filterkammer, aufgrund der üblichen Bestückung schätze ich das Volumen des Filtermaterials auf etwas über 2l. Sogar dieser recht große Innenfilter hat also nur halb so viel Volumen wie die oberste Bodenschicht, wäre theoretisch also nur für 1/3 der Filterleistung zuständig. Auch ein grober Vergleich der besiedelbaren Fläche kommt zum Ergebnis, dass diese im Bodengrund weit größer ist als im Filter. Wahrscheinlich arbeiten die Bakterien im Filter effektiver, weil sie mehr sauerstoffreiches Wasser bekommen. Da auch meine Annahme (bis 1cm aerob) nicht unbedingt richtig sein muss, empfehle ich, den Besatz eines Fischtümpels nicht prozentual zum Verhältnis Filtervolumen zu filternde Bodenschicht geringer zu halten sondern weniger Fische einzusetzen. 

Beckengröße und Format.

Für ein filterlos betriebenes Becken sind neben dem Volumen zwei Flächen wichtig: Die Wasseroberfläche für den Gasaustausch mit der Umgebungsluft und die Oberfläche des Bodengrundes, da die aerobe Filterwirkung ja nur bis zu einer bestimmten Tiefe (vermutlich ca. 1cm) funktioniert. Beide Flächen sollten im Verhältnis zum Volumen möglichst groß sein. Etwas Mathe: Eine einfache mathematische Regel sagt: Volumen (V) = Fläche(F) x Höhe (h). Oder umgestellt: F/V=1/h. Das heißt, je kleiner die Beckenhöhe, desto mehr Fläche habe ich bei gleichem Volumen. Beispiel 200l: ein Juwel Lido 200 hat 7dm x 5dm =35dm² Fläche. Ein Sonderbecken 100x50x40 (LxBxH) hat mit 10dm x 5dm = 50dm² über 40% mehr Fläche bei gleichem Volumen. Ein weiterer Vorteil eines flachen Beckens ist, dass es weniger Lichtstärke benötigt. Licht nimmt im Quadrat zur Entfernung ab, ein 60cm hohes Becken benötigt bei gleicher Grundfläche also nicht 1,5x so viel Licht wie ein 40cm hohes sondern mehr als das Doppelte. Bei gleichem Volumen bietet ein flaches Becken mit entsprechend größerer Fläche und Länge den Fischen die Möglichkeit, auch einmal etwas schneller zu schwimmen, Reviere zu bilden oder sich „aus dem Weg zu gehen“. Für einen „Fischtümpel“ halte ich Becken mit einer Grundfläche von 40dm² und oder mehr für ideal. 160L-Becken (100x40x40) sind oft recht günstig zu bekommen. Es gibt auch von mehreren Herstellern Becken für „Kallax oben drauf“, z.B. 111x38x30 (126l, 42dm²) oder 146x38x30 (166l, 55dm²). Mit einem kleinen bisschen Bastelei kann man auch ein Becken folieren. Man bringt oben eine Blende aus Folie an und betreibt es mit abgesenktem Wasserstand. Ausgehend von 100x40x40 kommt man mit dann auf ein Becken, das einem 125l entspricht. 

Größer geht natürlich immer, mein größtes komplett filterlos betriebenes Becken hatte eine Fläche von 150x50 mit 30cm Wasserstand. Becken die etwas weniger Fläche haben als die genannten 40dm² funktionieren auch. Mein momentanes Becken hat mit 60x50 nur 30dm², und auch ein Becken mit 80x35 (28dm²) wird noch gehen. Das schränkt aber die Besatzmöglichkeiten noch weiter ein. (s. bei Besatz). Noch kleinere Becken würde ich filterlos nicht mit Fischen betreiben. Für ein 60cm -Aquarium (54l. 18dm²) empfehle ich die Beschränkung auf Schnecken und Garnelen.

 

Die Beleuchtung.

Justus von Liebigs Minimumprinzip sagt, dass der am wenigsten vorhandene Nährstoff das Pflanzenwachstum bestimmt. Erweitert für die Aquaristik kann man „Nährstoff“ durch Wachstumsfaktor ersetzen. Diese Faktoren sind Licht, CO2, Makronährstoffe (N,P,K), Mikronährstoffe und Temperatur. Im Tümpelaquarium ohne CO2-Anlage und NPK-Düngung und mit schwachem Besatz sind einige der Faktoren relativ niedrig. Es hat deshalb wenig Sinn, eine starke Beleuchtung zu wählen. Bei einer Beckenhöhe von 40cm und keiner Glasscheibe zwischen Licht und Wasseroberfläche genügen meiner Erfahrung nach etwa 9 lm/l (Lumen pro Liter). Bei 50cm Beckenhöhe etwa 10-12lm/l. Bei einer Glasscheibe zwischen Leuchte und Wasser sollte man etwa 30% mehr Lichtstärke wählen. Von Lichtspielereien mit Farbwechsel oder „Mondlicht“ halte ich nicht viel, die besten Erfahrungen habe ich mit weißem Licht von 4000K bis 6500K gemacht.

 

Heizung.

Ob eine Heizung notwendig ist, kommt auf die gewählten Fischarten, das Beckenformat und die Raumtemperatur an und darauf, ob das Becken offen betrieben wird. Offene Becken verlieren sehr viel mehr Wärme als geschlossene. In einer zentralbeheizten Wohnung und bei einem geschlossenen Aquarium kann bei vielen Fischarten auf eine Heizung verzichtet werden. Dank der Abwärme der Beleuchtung hält das Becken meist eine Temperatur von etwa 1-2°C über Raumtemperatur. Am besten man betreibt das Becken wären der Einfahrphase eine Zeit lang ohne Heizung, beobachtet die Temperatur und entscheidet dann, ob eine Heizung notwendig ist. Falls man die Wassertemperatur dann nur um wenige Grad erhöhen will, genügt oft eine relativ klein dimensionierte Heizung. Mit etwa 25W pro 100l komme ich auf eine Temperaturerhöhung von mehr als 4°C. Ich würde bei einem strömungslosen Aquarium einen Heizer bevorzugen, der voll untergetaucht verwendet werden kann und diesen möglichst weit unten im Becken (direkt über dem Bodengrund) platzieren. Meine Befürchtung wäre sonst, dass doch eine Temperaturschichtung im Wasser auftreten könnte. Anbieten würden sich da, auch wegen der Bedienung die Heizer von Dennerle (Nano heater) und Aquael (Ultra heater). In einem schwach besetzten Tümpelaquarium (filter- und pumpenlos) laufen die biochemischen Prozesse in kleinerem Maßstab (in Relation zur Beckengröße) ab. Es ist wahrscheinlich möglich, auch ein Aquascape so zu betreiben, dann müsste es jedoch (da durch den geringen Besatz nur wenig Stoffwechselprodukte ins Wasser gelangen) relativ stark mit NPK gedüngt werden und eine CO2-Anlage besitzen, falls man einen halbwegs guten Pflanzenwuchs möchte. Meine Intention ist es jedoch, ein Becken mit möglichst wenig Technik und Wasserzusätzen zu betreiben. Den Betrieb eines _Aquascapes oder Hi-Tech-Aquariums könnte man mit einer schnellen Fahrt im Sportwagen vergleichen, ein Tümpelbecken dagegen eher wie eine Tour mit einer Pferdekutsche. Ich finde, beides kann seinen Reiz haben. Auch wenn viele Prozesse im Tümpelaquarium langsamer ablaufen, die Fische schwimmen deshalb nicht behäbiger. Gerade durch den schwachen Besatz, den das Becken vorgibt, zeigen sie sogar meist mehr Agilität und natürliches Verhalten. Es gibt auch stärker besetzte filterlose Becken, die dann mit sehr vielen großzügigen Wasserwechseln geführt werden (müssen), aber das ist nicht, was hier empfohlen werden soll. (siehe „Pflege des Tümpelaquariums“ ). Aus verschiedenen Gründen, z.B. weil die gepflegte Fischart es mag, kann es sinnvoll sein, in einem filterlosen Becken für mehr Wasserbewegung zu sorgen. Verwendet man dafür einen Innenfilter mit sehr kleinem Schwamm, z.B. den Aquael PAT mini, sollte man das Becken trotzdem als filterlos betrachten. Diese Minifilter haben kaum Filtervolumen und müssen relativ oft ausgewaschen werden, so dass sich dort kaum größere stabile Bakterienkulturen bilden können. Sie sind eher kleine Strömungspumpen mit Schutzschwamm und haben nur als solche ihre Berechtigung. Auch etwas mehr Wasserbewegung kann ein Oberflächenabsauger wie den Eheim Skim 350 oder der Juwel Eccoskim bringen, auch dann ist das Becken noch filterlos, entspricht aber nicht mehr dem, was ich unter Tümpelaquarium verstehe. 

Bodengrund

Einer der Gründe für die Erstellung dieses Textes war die Lektüre von D. Walstads „Das bepflanzte Aquarium“ (2). Die von ihr zitierten wissenschaftlichen Untersuchungen und ihre eigenen Versuche ziehe ich nicht in Zweifel, wohl aber die Schlüsse, die sie daraus zieht. Zum Bodengrund in Aquarien gibt es die unterschiedlichsten Meinungen und Erfahrungen: Meine ersten Anregungen zum filterlosen Aquarium stammen von Otto Königs Wilhelminenberger Tümpelaquarium (3). O. König verwendet einen geschichteten Bodengrund: Zuerst eine Schicht getrockneter Kuhmist, die mit einer Schicht Lehm abgedeckt wird. Erst darauf kommt dann der Sand. Er gibt aber selbst zu, dass das nicht immer funktioniert und es manchmal eine stinkende Brühe wird, anstelle eines funktionierenden Beckens. Kaspar Horst (4) empfiehlt als unterste Bodenschicht Laterit und eine Bodenheizung zur Durchflutung. Er möchte dadurch Eisen in den Boden einbringen. Bernhard Teichfischer (5) zitiert einen „erprobten Bodengrundaufbau“ aus alten DDR-Zeiten: Hochmoortorf, darüber Lehm, dann ungewaschenen Kies und darüber noch gewaschenen Kies. Er empfiehlt wie K. Horst eine schwache Bodenheizung. Heute sind Aquascapes, durchgestylte Aquarien, oft mit einem dichten Rasen aus Bodendeckern, modern. Hierfür werden unterschiedliche Arten des Bodenaufbaus, meist mit Spezialmaterial (Nährboden, Soil, „Vocano material“) empfohlen. Und schließlich D. Walstad (2), die Garten- oder Pflanzenerde verwendet und diese mit Kies abdeckt. König (3) möchte durch den Kuhmist ein Bakterienwachstum als Start einer Nahrungskette erzeugen, Horst möchte ein Depot für Eisen als Dünger anlegen, bei Teichfischer (5) dürfte es in erster Linie um den Torf als Ionentauscher und als Kohlenstoffspender gehen. Auch die Böden der Scapes dienen als Nährstoffdepots (N, P, Fe usw.) und Ionentauscher. Bei Walstad dient die Erde primär als Vorrat von verfügbarem Kohlenstoff, von dem sie vermutet, dass der Mangel an löslichem organischen Kohlenstoff (DOC) das Wachstum der Pflanzen begrenzt. Es handelt sich also fast immer um das Anlegen eines Depots. Ist ein Depot an Nährstoffen oder Ionentauscher aber wirklich notwendig? Ich selbst habe immer mit neutralem Bodengrund gearbeitet und es hat auch funktioniert. König (3) und Walstad (2) gehen davon aus, dass wichtige Prozesse auch in den unteren anoxen (sauerstofffreien bzw. -armen) Bereichen des Bodengrunds stattfinden. Die unteren Bodenschichten sind anox, also sauerstofffrei bzw. -arm. Das ist ideal für bestimmte anorganische Reaktionen. Dort kann z.B. eine Reduktion von Fe3, das von Pflanzen nicht verwertbar ist, zum verwertbaren Fe2 stattfinden können. Auch eine Reduktion von PO4 könnte dort ablaufen. Dort findet auch Denitrifikation, der Abbau von NO3 über NO2 bis zum N2) statt. Wie viel Einfluss diese auf die Wasserqualität insgesamt hat, kann ich nicht sagen, dazu müsste man die Differenz zwischen dem durch Futter eingebrachten Stickstoff und den von Wasserpflanzen aufgenommenem NO3 in einem Becken ohne Wasserwechsel berechnen. Walstad (2) unterscheidet zwischen Denitrifikation, dem vollständigen Abbau von NO3 bis zum N2 und Stickstoffatmung, die nur bis zum NO2 geht. Laut einer von ihr zitierten Untersuchung in aquatischen und terrestrischen Böden waren nur 20% der anaeroben Bakterien zur vollständigen Denitrifikation fähig, die übrigen 80% bauten NO3 nur bis zum NO2 ab. Für beide Vorgänge ist organisches Material (Kohlenstoff) im Bodengrund notwendig. Meine Vermutung bzw. Befürchtung: Bringe ich unkontrolliert Bodengrundbakterien in ein Aquarium und beschleunige ich das Wachstum anaerober Bakterien durch das Einbringen organischer Stoffe zu sehr, könnte es passieren, dass sich die Nitratatmer zu stark vermehren und ich so einen starken NO2-Anstieg bekomme. In einem Aquarium mit funktionierendem biologisch gut arbeitendem biologischen Filter wird dieses NO2 wahrscheinlich sofort dort wieder zu NO3 umgewandelt, bei einem Becken mit nur mechanischer Filterung oder im filterlosen Tümpelaquarium kann so etwas aber schnell zur Katastrophe führen. Ich halte es deshalb für besser, wenn die Denitrifikation (oder Nitratatmung) im Bodengrund etwas langsamer abläuft. NO3 wird erst in recht hoher Dosierung schädlich und kann auch durch Wasserwechsel leicht entfernt werden. Die in einem Aquarium wichtigere Nitrifikation (NH4/NH3->NO2->NO3) ist aerob und findet nur dort statt, wo den Bakterien genug frisches (sauerstoffhaltiges) Wasser zur Verfügung steht, also in den obersten Schichten des Bodens. Ist eine gute Nitrifikation dort gewährleistet, schadet es wahrscheinlich auch nicht wenn in den tieferen Schichten etwas Nitratatmung stattfindet. Das Nitrit muss durch die aerobe Schicht diffundieren um nach oben (zu den Fischen) zu gelangen und wird dabei von den Nitrifizierern wieder zu NO3 oxidiert. Ich hatte vor einigen Jahren das Glück in Thailand auf Tümpeltour gehen zu können. Der Boden bestand in den meisten Gewässern aus Sand, auf dem sich eine mehr oder weniger feine Schicht Mulm abgelagert hatte. Das nährstoffreiche Substrat befand sich also ÜBER dem nährstoffarmen Sand oder (seltener) Kies. Also in der aeroben Schicht. Ich habe bisher immer, sowohl in gefilterten als auch in ungefilterten Aquarien, neutralen Bodengrund verwendet. Dabei habe ich gute Erfahrungen mit Spielsand (Saharasand oder Flusssand, ohne Zusätze) gemacht. Auch mit Kies haben Tümpelbecken funktioniert jedoch nicht mit allen Pflanzenarten. Ich selbst bevorzuge inzwischen Sand. Beim Tümpelaquarium übernimmt der Bodengrund den Großteil der Filterung. Kies ist durchlässiger und wird deshalb besser mit O2 versorgt als Sand, dafür ist die von Bakterien besiedelbare Oberfläche (pro Volumen) um so größer, je feinkörniger das Material (Sand) ist. Die Nitrifikation funktioniert bei beiden Bodengründen. Die anaeroben Vorgänge in den tieferen Bodenschichten scheinen jedoch nur bei feinem Bodengrund wirklich gut abzulaufen, deshalb empfehle ich entweder als unterste Bodenschicht Sand (3-4cm) und darüber etwa 2-3cm Kies, oder (bevorzugt) einen Bodengrund nur aus Sand. Im momentan laufendem Becken habe ich einen Teil des Sandes mit Lavamulch (die günstige Version von „Volcano Mineral“) bedeckt. Die grobporige Oberfläche der Lava bietet den Filterbakterien viel Besiedlungsfläche und dort kann sich (guter) Mulm fangen. Vielleicht ist man ohne nährstoffreichen Boden bei der Auswahl der Pflanzen etwas eingeschränkt, ich selbst hatte/habe bisher Cryptocorynen, Javafarn, Anubias, Vallisnerien und diverse Stängelpflanzen erfolgreich gepflegt, wobei das Wachstum in meinen Becken zwar etwas langsamer vonstatten geht, die Pflanzen aber durchaus gesund waren und sind. Becken mit nur Sand als Bodengrund (z.B. falls man gründelnde Fische hat) haben bisher immer funktioniert. Cryptocorynen scheinen eine Sandschicht von mindestens 4cm als anoxe untere Bodengrundschicht und insgesamt mindestens 5cm Sand als alleinige Schicht zu mögen. Bei Echinodorus und einigen anderen Rosettenpflanzen scheint nach Berichten von Freunden auch ein tieferer Bodengrund gut zu sein, sie sollen auf Kies teilweise versagen und auch eine Bodendurchflutung nicht zu mögen. Meine Vermutung ist, dass lösliche Nährstoffe für die Pflanzen und Bakterien durch Diffusion in den Bodengrund gelangen und feine Feststoffteilchen in den Boden einsickern oder durch Turmdeckelschnecken „untergepflügt“ werden und dass diese Menge genügt um ein gewisses Wachstum anaerober Bakterien zu gewährleisten und die Pflanzen zu versorgen. Während ein Depot am Anfang viele Nährstoffe abgibt, eventuell sogar zu viele, ist bei der Methode, Nährstoffe nur durch Diffusion und Einsickerung in den Boden gelangen zu lassen, der Boden am Anfang nährstoffarm. Ein Depot nimmt im Laufe der Zeit ab, bei der anderen Methode steigt der Nährstoffgehalt des Bodens langsam an. Idealerweise, bei optimalem Besatz und Bepflanzung, sollte sich ein Gleichgewicht zwischen Eintrag und Verbrauch einstellen. Das wird nie zu 100% funktionieren, aber dann halte ich es für besser bei Bedarf den Boden oder das Wasser etwas aufzudüngen, als eine Überdüngung zu riskieren. Im Vorwort zu D. Walstads Buch erwähnt der Übersetzer „Maulwurfserde ...als historische Erscheinung“. Das hat mich an die Methode der Erdabkochung erinnert, die wir früher manchmal praktiziert haben: Man nimmt etwas Erde, vorzugsweise aus einem Maulwurfshügel (Der Maulwurf jagt Regenwürmer, und die kommen nur in gesunder Erde vor), kocht sie mit Wasser auf und gibt sie durch ein nicht zu feines Sieb. Die Flüssigkeit trübt das Wasser kurzzeitig dann sinken die Feststoffteilchen ab und sickern in den Boden. Ich selbst habe das seit langem nicht mehr praktiziert, sehe aber bei vorsichtiger Dosierung keine Gefahr der Überdüngung. Die Methode, Wurzelzehrer bei akutem Mangel an Makronährstoffen (N, P) gezielt an der Wurzel zu düngen, kann ich auch befürworten. Entweder mit selbst gemachten Tonkügelchen (ungebrannt) in die ein Körnchen Blaukorn verpackt ist , mit einer Düngekugel aus dem Zoohandel oder mit dem Teil eines Düngestäbches (für Grünpflanzen !). Eine Überdüngung solle dabei aber unbedingt vermieden werden. Ich gebe heute in alle Aquarien Erlenzapfen und manchmal auch Seemandelbaumblätter. Damit gebe ich sowohl lösliche Huminstoffe ins Wasser als auch beim Verrotten einsickernden „Humus“. Auf facebook habe ich vor kurzem den Tipp erhalten, die Rückwand des Aquariums mit einer Filtermatte zu bekleben. Die Idee dahinter ist, noch mehr aerobe Filterfläche zu schaffen, also den Boden quasi in die Vertikale zu erweitern. Ich selbst habe das noch nicht ausprobiert, aber es erscheint logisch. Ich würde die Matte aber nicht zu dick wählen (O2-Versorgung) sondern höchstens 1-3cm. Evtl. kann man eine 3cm Matte halbieren (2x1,5cm). Macht man das mit einem Küchenmesser, Brotmesser), erhält man eine ungleichmäßige (natürlich wirkende) Fläche. Man könnte diese Flächen dann auch noch mit Moosen o.ä. bewachsen lassen. Notwendig für ein Funktionieren eines Tümpelaquariums ist das jedoch nicht (falls der Besatz stimmt) 

 

Dekoration:

Mit dem Bodengrund als Hauptfilter und der großen Bedeutung von Pflanzen für das Tümpelbecken wäre es ungünstig, die Bodenfläche mit zu viel Dekoration zuzustellen, oder mit Steinen zuzupflastern. Wurzeln, die nur an wenigen Punkten auf dem Boden aufliegen, halte ich für optimal. Die ergeben dann auch Unterstände und Verstecke für bestimmte Fischarten. Ansonsten muss sich die „Deko“ an den Bedürfnissen der Fische (z.B. Höhlen) orientieren. Die Hauptaufgabe bei der Gestaltung des Beckens sollte jedoch Pflanzen vorbehalten sein.

 

Pflanzen

Da ich empfehle, das Becken mit niedrigen Wachstumsfaktoren, also auch mit relativ wenig Licht zu betreiben, dürfen natürlich auch keine sehr lichthungrigen Pflanzen verwendet werden. Einige Pflanzenarten, für die ein mittlerer Lichtbedarf angegeben ist, wachsen im Tümpelaquarium, wenn die Wachstumsfaktoren im Gleichgewicht sind, trotz schwachem Licht gesund, nur eben langsamer und nicht ganz so dicht. Ich empfehle eine Mischung aus wurzelzehrenden Rosettenpflanzen, grünblättrigen Stängelpflanzen und eventuell flutenden Pflanzen und/oder Schwimmpflanzen. Ich habe recht gute Erfahrungen mit folgenden Arten: Cryptocoryne wendti, C. willisii, Vallisneria asiatica, Najas guadalupensis, Hygrophila (div. Arten), Ludwigia, Ceratophyllum und Anubias var. nana.

 

Das Einfahren

Da viele Prozesse im Tümpelbecken etwas langsamer ablaufen als in einem HiTech-Aquarium oder gar einem Aquascape, braucht auch das Einfahren des Beckens etwas mehr Zeit. Ich setze nach dem Einrichten sofort Turmdeckel- und andere Schnecken ein. Diese werden etwas (!) gefüttert. Wenn ich das Becken nicht mit Filter- oder Bodenmulm beimpfen kann, warte ich dann etwa 3 Wochen ab, in denen ich das Becken komplett in Ruhe lasse (außer Futter für die Schnecken). Dann beginne ich, jeden 2. bis 3. Tag NO2 zu messen. Bleibt NO2 etwa 2 Wochen bei 0 (mit Stäbchen nicht nachweisbar) können die Fische einziehen. Meist ist beim Tümpelaquarium nicht sinnvoll, die Fische nach und nach einzusetzen, da es oft nur eine Fischart ist und die eine bestimmte Gruppengröße haben sollte. Habe ich die Möglichkeit ein Tümpelaquarium zu beimpfen und ist das Becken von Anfang an sehr gut bepflanzt, fange ich schon nach etwa einer Woche an, NO2 zu messen. Dann kann es sein, dass schon nach etwa 3 Wochen besetzt werden kann.

 

Der Einfluss der Fischgröße.

Oft werden bei der Auswahl des Besatzes einfach Fischlängen in Relation zu Beckengröße gesetzt (Die alte falsche Formel 1cm/1l), das ist jedoch Unsinn. Angler und Teichwirte kennen die Berechnung des Fischgewichts nach der Fultonschen Formel: G = K x L³/100. K ist dabei ein artspezifischer Faktor. Den kennt man bei Aquarienfischen nicht, aber man kann von Fischen mit ähnlichem Körperbau ausgehen. Beispiel: Für einen Neonsalmler rechne ich mit K=1,2 (Rotauge), für eine gut genährte Sumatrabarbe mit etwa K=2,2 (Karpfen). Das ergibt für den Neon mit 4cm ein Gewicht von etwa 0,8g, für die Sumatrabarbe 7,5g. Die Barbe ist also etwa 9x so schwer wie der Neon. Max Rubner hat schon 1893 eine Regel (Oberflächenregel) aufgestellt, die die Stoffwechselrate in Beziehung zum Körpergewicht setzt. Er kam auf ein Verhältnis von Stoffwechsel zu Gewicht von G hoch 2/3. Beim 9-fachen Gewicht der Sumatrabarbe gegenüber dem Neon ergibt das einen Stoffwechsel der (9^0,66=4,26) etwas mehr als 4x so hoch ist wie beim Neon. Solche mathematischen Näherungen sind immer nur „Krücken“, die das Verhalten von Fischen, unterschiedliche Ernährung usw. nicht berücksichtigen. Sie können aber helfen, zu begreifen, welchen Einfluss die Größe eines Fisches auf den biologischen Haushalt eines Aquariums haben kann.

 

Besatz.

Wie viele Fische welcher Größe verträgt so ein filterloses Tümpelbecken maximal? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Um das zu herauszufinden müsste man diese Besatzobergrenze überschreiten, ein Experiment das auf Kosten der Fische ginge. Meine „Milchmädchenrechnung“ (wie ein fb-Kommentator so etwas genannt hat) zur Filterleistung des Bodengrundes ließe vermuten, dass der Besatz relativ hoch sein darf. Bei einem Becken das wenig Aufwand und Kontrolle benötigt, hat sich bei mir jedoch ein weit geringerer Besatz bewährt. Der vollständige Abbau von NH3/NH4 und Nitrit, also die Denitrifikation muss auch im filterlosen Tümpel gewährleistet sein. Das geschieht durch die Abstimmung von Beckengröße, Besatz und Bepflanzung. Man könnte (bzw. kann) filterlos auch mehr Fische halten. Das Becken könnte dann deren Stofwechselprodukte nicht mehr biologisch abbauen und man müsste täglich das NO2 kontrollieren und sehr häufige (tägliche) große Wasserwechsel durchführen. Das ist aber nicht die Zielsetzung eines Tümpelaquariums. Ich gehe davon aus, dass in einem filterlosen Aquarium pro Fisch etwa 2x, besser min. 2,5x so viel Volumen sinnvoll sind wie in einem gefilterten mit moderatem Besatz. Um bei reduziertem Besatz trotzdem noch ein interessantes Aquarium zu haben, empfiehlt es sich, in Relation zum Becken relativ kleine Fische zu halten. Man sollte auch keine Fische wählen, die strömungsliebend sind, falls man nicht mit einer Pumpe für Wasserbewegung sorgen möchte. Wobei zu unterscheiden ist ob die Fische wirklich auf Strömung angewiesen sind, oder ob sie „nur“ viel Sauerstoff im Wasser benötigen. Tanichthys micagemmae (Vietnamesische Kardinälchen) kommen z.B. mit Strömung gut zurecht, aber auch ohne, falls genug O2 im Wasser ist. Mein jetziges filterloses Becken hat das (nicht so gute) Format 60x50x50. 6 Kardinälchen, die eine Zeit lang darin lebten, zeigten gegenüber den Artgenossen im großen, gefilterten Becken kein anderes Verhalten. Sie waren agil, nutzten die gesamte Beckenhöhe und zeigten auch morgens (direkt nach Einschalten der Beleuchtung) keine stark erhöhte Atmung. Beispiel: Für einen moderaten Besatz in einem gefilterten Becken rechne ich pro Neonsalmler (P. innesi, 4cm) mit etwa 4l, für eine ausgewachsene Sumatrabarbe (7cm) mit 16l. In einem gefilterten 160l-Becken (100x40x40) gingen also 40 Neons oder 10 Sumatrabarben. Ungefiltert komme ich dann auf 16 bis 20 Neons oder gerade mal 4 bis 5 Sumatrabarben. Vier Sumatrabarben wären eher langweilig und die Gruppengröße wäre nicht artgerecht, aber ein 1m-Becken mit 16 Neons kann durchaus seinen Reiz haben. Ich selbst habe statt Neonsalmlern den Vietnamesischen Kardinalfisch (T. micagemmae) aber erfahrene vertrauenswürdige Freunde berichten, dass der Neon und einige andere Salmler ganz ähnliche Verhaltensmuster aufweisen. In einem Kommentar wurde auf einer fb-Seite einmal empfohlen, ein 180l-Becken mit 100 Neons zu besetzen, dann habe man einen schönen Schwarm. Abgesehen davon, dass ich das für einen starken Überbesatz halte, ist der Ausdruck „Schwarm“ in diesem Zusammenhang Unsinn. Natürlich bleiben die Fische halbwegs zusammen, wohin sollten sie auch, aber ein echtes Schwarmverhalten wird ein Neon nur in Panik oder aus Vorsicht zeigen. Besetzt man dasselbe Becken, als NeonArtbecken mit 45 Fischen (was ich für einen noch verantwortbaren Besatz halte), erkennt man, dass sie sich im Becken verteilen. Es finden etwas Interaktionen zwischen den Fischen statt, aber nicht sehr viele. Befinden sich in diesem Becken jedoch nur 18 Tiere (oder evtl nur 12-15 und dafür noch einige Garnelen) und es ist gut strukturiert, dann wird der Neon (genau wie der Kardinalfisch) plötzlich zum „Revierfisch“. Die Männchen besetzen kleine Gebiete, verjagen dort andere Männchen, meist nur durch Drohgebärden, manchmal auch durch direkte Angriffe, und versuchen durch Imponieren Weibchen anzulocken und balzen sie an. Egal ob gefiltert oder ungefiltert, das ist für mich ein viel interessanteres Aquarium als eines, in dem die Fische nur „viele und schön“ sind. Wobei natürlich jeder für sich selbst entscheiden muss, was er möchte. Auf die einzelnen Fischarten, die für ein Tümpelaquarium geeignet sein können, kann ich hier nicht detailliert eingehen. Da ich einen solchen Tümpel „pflegeleicht“ haben möchte, wähle ich Fische, die zu den Werten meines Leitungswassers passen. Ganz grob (!) nochmals die Abschätzung des benötigten Volumens pro Fisch. Fische bis etwa 4cm->10l; bis etwa 6cm->22l; bist etwa 7cm ->40l. Aber das hängt auch von vielen anderen Faktoren wie z.B. den Platzbedarf für Reviere ab. Schnecken gehören meiner Meinung nach in jedes Aquarium, besonders jedoch in einen filterlosen Tümpel. Besonders Turmdeckelschnecken („TDS“, Melanoides) erweisen sich als extrem nützlich. Sie lockern die oberen Schichten des Bodengrundes und helfen so bei der Versorgung der nitrifizierenden Bakterien mit Sauerstoff. Das verhindert auch Gammelstellen im Boden. Futterreste und Restnährstoffe aus dem Fischkot werden von TDS weiterverwertet und so in Pflanzendünger umgewandelt. Durch die Grabetätigkeit kommt etwas Bewegung in den Boden so dass das Einsickern von Nährstoffen für die Denitrifizierer in den unteren Bodenschichten erleichtert wird. Auch andere Schneckenarten (Posthornschnecken, Blasenschnecken) sind hilfreich, jedoch, weil sie nicht graben, nicht ganz so sehr wie die TDS. 

 

Die Pflege des Tümpelaquariums.

„Wenn ich keinen Filter habe, muss ich mehr Wasserwechsel machen“; Das denken wahrscheinlich viele, aber das ist so nicht ganz korrekt. Wenn ich ein üblicherweise eher stark besetztes, gut gefiltertes Becken habe, fällt viel NH3/NH4 an, das von den Filterbakterien über NO2 vollkommen in NO3 umgesetzt wird. NO3 wird zwar von Pflanzen verbraucht und ist erst in recht hoher Konzentration schädlich, diese ist jedoch in der „Normalaquaristik“ recht schnell erreicht. Das ist der Hauptgrund dafür, auch im gut gefilterten Becken regelmäßige Wasserwechsel durchzuführen. Würde ich ein filterloses Aquarium stark besetzen, wäre das NO2 der gefährliche Stoff. Dann wären recht viele großzügige Wasserwechsel notwendig. Ein wichtiger Anhaltspunkt, wie oft Wasserwechsel notwendig sind und wie viel gewechselt werden sollte, ist der Gehalt an NO3. Der Bodengrund übernimmt in jedem Aquarium einen Teil der Nitrifikation, und nach einer grob überschlägigen Abschätzung ist dieser Anteil gar nicht gering. Das ist jedoch mangels nachvollziehbarer Untersuchungen nicht exakt berechenbar und hängt von sehr vielen Faktoren ab. Je nach Art des Bodengrunds kann die von aeroben Filterbakterien nutzbare Besiedlungsfläche größer oder kleiner sein, wobei es sowohl auf die Körnung (Fläche) an, als auch darauf, bis zu welcher Tiefe der Boden durch Konvektion und Diffusion mit Sauerstoff versorgt wird. In einem Tümpelaquarium, wie ich es kenne und vorschlage, leben jedoch relativ wenige Fische in einem dichten Dschungel aus einfachen Pflanzen. So können NH/NH3 und NO2 komplett abgebaut werden. Das ist die Grundvoraussetzung. Durch den geringen Besatz fallen auch wenige Stoffwechselprodukte an und das entstehende NO3 kann zu einem großen Teil durch die Pflanzen aufgenommen werden oder durch Dentrifikation in Luftstickstoff umgewandelt werden. Es ist deshalb unter Umständen möglich, ein Becken mit entsprechen geringem Besatz sogar als Altwasserbecken, d.h. komplett ohne Wasserwechsel, zu führen. Das funktioniert sowohl mit als auch ohne Filter. Ich empfehle trotzdem, regelmäßige Wasserwechsel, teilweise, um andere Stoffe aus dem Becken zu entfernen, teilweise auch, um bestimmte Stoffe wieder ins Wasser zu bekommen. Bei entsprechendem Besatz und Bepflanzung kann z.B. NO3 zur Mangelware werden. Je nach vorhandenem Leitungswasser müsste ich dann nachdüngen. Da mein Leitungswasser aber, wie in vielen Gegenden Deutschlands, genug NO3 enthält, finde ich kleine Wasserwechsel einfacher als Düngen. Zudem müsste man bei einem Altwasserbecken verdunstetes Wasser mit Osmosewasser oder Regenwasser nachfüllen, um ein Aufhärten des Wassers zu verhindern. Bei meinen bisherigen Fischtümpeln haben sich 14-tägige Wasserwechsel von etwa 20-25% bewährt oder wöchentliche von etwa 12-15%. Als einzigen Zusatz gebe ich etwas Eisendünger zum Wechselwasser (1/3 der empfohlenen Dosis). D. Walstad (2) schreibt, dass sie nur alle sechs Monate etwa 50% des Wassers wechselt oder wenn es Schwierigkeiten gibt. Sie plädiert zwar auch für einen geringen Fischbestand, geht aber nicht näher auf diesen ein. Ich denke, dass es, falls ein Becken so besetzt und bepflanzt ist, dass man es als Altwasserbecken fahren kann, auch ein Wasserwechsel nach 6 Monaten unnütz wäre und dass dann keine Schwierigkeiten der Art entstehen dürften, gegen die ein Wasserwechsel hilft. Andererseits kann Wasser auch „ungesund“ sein, z.B. zu viel NO2 enthalten, ohne dass man die Schwierigkeiten sofort erkennt. Erst mit der Zeit erkennt man die Probleme und dann ist es schon sehr oder zu spät. In jedem Becken bildet sich mit der Zeit etwas Mulm. Dafür sind sowohl Fischkot als auch absterbende Pflanzenteile verantwortlich. Dank Schnecken (die gehören in jedes filterlose Aquarium) und Bakterien wird daraus dann „guter Mulm“, ein nährstoffarmes lockeres Substrat, das als gut durchflutete Besiedlungsfläche für Filterbakterien fungiert. Dieser Mulm sollte also nicht entfernt werden. Guten Mulm erkennt man daran, dass er pulverig oder flockig ist, beige bis dunkel und nicht stinkt, sondern nach „Garten nach Regen“ oder „Waldboden“ riecht. Keine zwei Aquarien sind wirklich gleich. Meine filterlosen Becken haben zwar bisher immer funktioniert, aber ich empfehle trotzdem, die Wasserwerte regelmäßig zu überprüfen. Hierfür genügen Stäbchentests („6in1“). Wäre NO2 nachweisbar (Feld auf Stäbchen bleibt nicht rein weiß) müsste sofort mit größeren Wasserwechseln reagiert und die Ursache gesucht werden. Das war bei mir bisher aber nie notwendig. 

 

Futter

Auch hier bin ich anderer Meinung als D. Walstad (2). Sie füttert reichlich und betrachtet Futterreste als Dünger für die Pflanzen. Erst am nächsten Tag dürfen keine Futterreste mehr vorhanden sein. Würde ich so füttern, wären viele meiner Fische längst an Verfettung gestorben. Außerdem bevorratet sie große Mengen an Trockenfutter in ihrer Gefriertruhe. An anderer Stelle schreibt sie: „Jedes Fischfutter, egal ob Lebendfutter, Frostfutter oder Trockenfutter besteht aus Lebewesen oder daraus gewonnen Produkten … Alle Lebewesen sind ähnlich aufgebaut und haben einen ähnlichen Bedarf an Nährelementen“ Aus diesen beiden Äußerungen könnte man schließen, dass es egal ist, welches Futter man welchen Fischen gibt. Das stimmt aber nicht. Einige Fischarten haben als Karnivore (Fleischfresser) einen viel höheren Eiweißbedarf als andere, z.B. Herbivore (Pflanzenfresser) oder Omnivore (Allesfresser). Einige Arten können auch bestimmte Verbindungen nicht gut verarbeiten. Ich bin deshalb dafür, die Ernährung passend zu den Fischarten zu gestalten. Bei vielen Fischarten hat sich bei mir eine Kombination aus etwa 60% TKFutter (ohne Rinderherz!) und 40% hochwertigem Trockenfutter (Söll) recht gut bewährt. Das Trockenfutter verwende ich auch deshalb, damit ich es im Urlaub für die Nachbarin vordosieren kann. Die Futtermenge wähle ich so, dass alles in weniger als 10 Minuten gefressen ist.

 

Aktuell (August 2021)

Im Frühjahr 2020 habe ich ein altes filterloses 54l-Becken 60x30x30, aquastar T5, durch ein Eheim vivaline150, 60x50x50 ersetzt. Ich mag dies würfelförmigen Formate nicht besonders, da aber nur 60cm Platz vorhanden waren, wollte ich wenigstens etwas mehr Volumen. Ursprünglich war das Becken dann für den gefilterten Betrieb gedacht, ich habe es aber dann doch auf filterlos umgestellt, obwohl ich dafür eigentlich flachere Becken bevorzuge. Erstbepflanzung waren Najas guadalupensis und ein Stängel Hygrophila, später kamen Ludwigia, Javafarn und Anubias dazu. Neben vielen Garnelen (N. Davidi, naturfarben) lebten eine Zeit lang 6 Vietnamesische Kardinälchen im Becken. Die zogen dann wieder zu ihren Artgenossen in eines der größeren Becken, um Platz für 12 Trigonostigma espei (Espes Keilfleckbärbling) zu machen. Mehr Fische wollte ich wegen des nicht idealen Beckenformats nicht riskieren. Außerdem wurden etwa 70-80 Garnelen (die hatten sich stark vermehrt) aus dem Becken genommen, so dass sich im Moment nur noch etwa 20-25 dort befinden. Der Bodengrund besteht aus Spielsand, an einigen Stellen mit Lavamulch abgedeckt, so dass ich dort Mulm fangen kann. Die Lava dient auch den Anubias und dem Javafarn als Substrat zum Festklammern. Die Fische scheinen sich wohl zu fühlen. Sie nutzen auch morgens, gleich nach dem Angehen der Beleuchtung die gesamte Beckenhöhe, also scheint auch dann noch genug Sauerstoff im Wasser zu sein. Gefüttert wird mit TK (meist Cyclops) und vermahlenem Trockenfutter-Granulat (Söll). Beide Futtersorten werden gierig gefressen. Nach zwei Wochen ohne Wasserwechsel ist (mit Stäbchen) kein NO2 nachweisbar und auch NO3 ist gerade noch an der Nachweisgrenze (<10mg/l).

 

Zum Schluss:

„Nur 12 kleine Fische und einige Garnelen in einem 150l-Becken, lohnt sich dafür überhaupt ein Aquarium?“ Wird nun vielleicht mancher fragen. Ein Bauer steht vor einer Wiese mit 50 Kühen steht und genießt deren Anblick. Ein anderer Mesnsch sitzt an einer Lichtung und beobachtet voll Freude, wie drei oder vier Rehe aus dem Wald treten oder wie ein Fuchs vorbeistreift. Was ich damit sagen will: Es ist von Mensch zu Mensch recht unterschiedlich, was einem gefällt. Das gilt auch für die Aquaristik. Für mich ist das Aquarium mit den 12 Espei und den Garnelen genug belebt, und ich habe den (zugegeben subjektiven) Eindruck, dass die Fische es auch genießen, nicht in einem dichten Gedränge leben zu müssen. Auch meine gefilterten Aquarien sind zwar etwas höher besetzt als meine Fischtümpel, aber auch noch sehr schwach im Vergleich zu dem, was meist empfohlen wird und was man oft sieht.

 

Literatur:

(1) Konrad Lorenz, Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Fischen, dtv.

(2) Diana Walstad, Das bepflanzte Aquarium, Tetra Verlag.

(3) Otto König, Das Paradies vor unserer Tür, Verlag Fritz Molden. (4) Kaspar Horst, Pflanzen im Aquarium, Eugen Ulmer.

(5) Bernhard Teichfischer, Aquarien dekorativ bepflanzen, Dähne.

 

Das filterlose Tümpelaquarium mit Fischen.
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